9. Newsletter des Homöopathischen Notdienstes 



Das Sisi-Syndrom

Liebe Kollegen, Patienten, Freunde,

unser 9. Newsletter ist dem Thema Normalität versus Wahnsinn gewidmet. Die Gesellschaft verändert sich, die Toleranz gegen „Anderssein“  sinkt. Was ist noch gesund, was ist schon krank, was ist normal und was nicht? Wo verläuft die Grenze zwischen Norm und Abweichung? Wer bestimmt das?

Vielleicht haben Sie schon vom Sisi-Syndrom gehört? Es ist eine der vielen neuen psychischen Erkrankungen, die Einzug in das DSM (Diagnostische und Statistische Manual psychischer Störungen – die Bibel der Psychiatrie) gehalten haben. Das Entscheidungsgremium ist eine Psychiatervereinigung (APA), die bestimmt, welche neuen seelischen Erkrankungen in den DSM-Katalog aufgenommen werden. Und diese Klassifikation beurteilt, was verrückt ist und was nicht, und darüberhinaus prägt sie natürlich, was die Öffentlichkeit über psychische Störungen denkt. Von diesen 160 Psychiatern haben  70 % eine große Nähe zur Pharma-Industrie, sei es über Studien zu Arzneimitteln oder gut bezahlte Vorträge (Jörg Blech: „Die Psycho-Falle“).
Nicht selten hat eine pharmazeutische Firma ein Medikament und sucht die dazu passende Erkrankung! Und damit sind wir wieder beim Sisi-Syndrom. Mitarbeiter der Firma SmithKline Beecham brauchten zum Stimmungsaufheller Seroxat eine neue Erkrankung, nicht die klassische Depression mit Schwermut und Antriebsarmut, sondern eine neue Art, die sich aktiv und engagiert der Krankheit stellt, wie z.B. die Kaiserin Sisi, die sich als Prototyp der aktiven (reiten, exzessives reisen, fasten) depressiven Patientin anbietet. Mithilfe renommierter Psychiater war das Sisi-Syndrom etabliert, und die Pharmaleute waren begeistert.

Unter den neu ausgedachten und der Pharmazie dienlichen Erkrankungen sind die meisten seelische Zustände, die einfach normal sind und zum Leben dazugehören. Da gibt es etwa die posttraumatische Verbitterungsstörung (PTED), die Dysthymie, zu deutsch schlechte Laune, die disruptive Launenfehlregulationsstörung, also Wutanfälle bei Kindern, und die Schusseligkeit im Alter ist jetzt eine behandlungsbedürftige „milde neurokognitive Störung“. Das Fachblatt „European Psychiatry“ schreibt dazu, wie sehr die Konstruktion neuer Diagnosen und das Herabsetzen der Schwellen bereits bestehender Diagnosen den Markt für Psychopharmaka aufblähen.
Was früher ein Trauerjahr war, um über den Verlust eines geliebten Menschen hinwegzukommen, wurde erst auf zwei Monate  und jetzt auf zwei Wochen reduziert. Wenn man zwei Wochen nach dem Tod einer nahestehenden Person nicht wieder arbeitsfähig und sozial kompatibel ist, sollte man nach der herrschenden psychiatrischen Lehrmeinung (medikamentös versteht sich) behandelt werden.
Stille Zurückhaltung und Schüchternheit in neuen Situationen - eine zutiefst menschliche Eigenschaft -  wird zur „sozialen Phobie“. Die neue Norm sind immerzu gut aufgelegte, extrovertierte und lustige Menschen, möglichst jung und gutaussehend. Wer das nicht ist, braucht Therapie. Achtet man zu sehr auf seine Kleidung, sein Aussehen und sein Gewicht, ist man womöglich am „Dorian-Gray-Syndrom“ erkrankt, nach Meinung des Münchner Psychiaters Peter Falkai mitunter eine ernsthafte Störung.

Das früher liebevoll „Zappelphilipp“ genannte unruhige, wissbegierige, bewegungsfreudige Kind hat jetzt eine ADHS-Störung und bekommt Medikamente. Die Fähigkeit zum Querdenken, Enthusiasmus für eine Sache, Kreativität, viel Energie – das bleibt auf der Strecke. Was zählt, ist angepasstes stromlinienförmiges Verhalten und gute Noten. Malte, ein betroffener Junge, sagt wörtlich: „ich habe die Umwelt nicht mehr gespürt und habe alles erfüllt ohne Widerworte, man macht das, was einem gesagt wird... (in „Lanz“ am 6.5.14).
Nachdem der Einsatz von Ritalin (Methylphenidat) leicht zurückgeht, soll jetzt der Markt für Neuroleptika verbreitert werden, der Einsatz für Kinder, die unruhig und auffällig sind, soll zugelassen werden. Neuroleptika (deutsch: Gehirnweichmacher) haben starke Nebenwirkungen und dienen wie das Ritalin dem gleichen Zweck, die Kinder gefügiger zu machen. Eine Armee von Gleichgeschalteten wird die Folge sein.

Der Psychiater Manfred Lütz hat ein erstaunliches Buch über Geisteskrankheiten geschrieben: „Irre! Wir behandeln die Falschen“ mit der These, dass nicht die Verrückten das Problem sind, sondern die Normalen. Kriegshetzer, Wirtschaftskriminelle, aufgeblähte Egomanen, Menschen, die Geiz geil finden, das sind die die Normalen und freundliche Demenzkranke, phantasievolle Maniker, wundersame und rhetorisch begabte Prediger, all die Verlorenen und von der Gesellschaft Weggesperrten, das sind seine Patienten und so beschleicht ihn verständlicherweise ein ungutes Gefühl, die Falschen zu behandeln. Er spricht von den „wahnsinnig Normalen“, den Mitläufern, den Humorlosen, den  Farblosen, den Denunzianten, und bricht eine Lanze für die Außergewöhnlichen, die Gebrochenen und die, die aus dem Rahmen fallen. Die Etikettierung mit Diagnosen ist Missbrauch und so schreibt er „ließen wir das zu, so würde die Welt zur Diktatur der langweiligen Normopathen“. Petition im Internet gegen die Psychiatrisierung individuellen Verhaltens siehe unten.

 

Homöopathie und seelische Erkrankungen

Die Kritik in Presse und Netz an der Homöopathie verwundert nicht angesichts des Milliardengeschäftes der Pharmaindustrie und ihrer Gehilfen. 54 % aller Deutschen haben schon mal homöopathische Mittel genommen haben, das sind nicht wenige!

Im reichen Schatz der Homöopathie finden wir auch wunderbare und potente Mittel für psychische Erkankungen, vielleicht wäre Veratrum album ein gutes Mittel für den oben erwähnten Prediger, Alumina könnte dem schusseligen und vergesslichen Alten helfen und für unseren Zappelphilipp bietet sich beispielsweise Tuberkulinum, Musca domestica oder Tarantula an.
Wir haben vier Arzneimittelbilder ausgesucht, die bei seelischen Erkrankung wirkungsvoll sind: Vanadium und Python regius, beides Mittel, die bei Essstörungen wertvolle Dienste leisten können, Anacardium mit seinen Gegensätzen bei bipolaren Störungen und Stramonium bei Angst und Aggression.

 

Anacardium orientale
Anacardium aus Ostindien, ostindischer Tintenbaum, Elefantenlausbaum , Malakkanussbaum
Es gehört zur Familie der Sumachgewächse ( Anacardiaceae), ist ein breitblättriger Baum von ca 20m Höhe und wächst am Fuß des Himalayas und in den tropischen Gebieten Indiens. Er hat grünlich weiße Blüten und schwarze Steinfrüchte. Das homöopathische Mittel wird aus den Früchten hergestellt. Der Name kommt aus dem Griechischen „ana“ heißt nach oben, ohne und „kardia“ Herz, er bezeichnet das (nach oben) Herauswachsen der Nuss aus der Fruchtschale.  Bereits im Altertum wurde mit der Malakkanuss Handel betrieben, das Öl wurde als Antiseptikum, als galletreibendes Mittel oder auch zum Schutz gegen Termiten verwendet. Außerdem besitzt es eine antikarzinomatöse Wirkung. 
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Python regius (Königsphyton, Ball Python)
Königspythons sind relativ kleine Python-Schlangen, meist etwa 120–150 cm lang, maximal 2 m, mit einem Gewicht von höchstens 2 kg, die Weibchen werden größer und schwerer als die Männchen. Kopf und Körper haben eine schöne beige-braune psychedelisch anmutende Zeichnung mit langen ovalen Mustern, die Bauchseite ist elfenbeinfarben. Der Körper ist kraftvoll, der Kopf ist deutlich vom Hals abgesetzt und der Schwanz ist kurz.
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STRAMONIUM - Datura Stramonium
Stechapfel (Solanaceae Nachtschattengewächs)
Der Stechapfel gehört zu der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceaen), wie die bekannten Pflanzen Tomate (Lycopersicum esculentum), Kartoffel (Solanum tuberosum), Aubergine (Solanum melangena), Paprika (Capsicum), Tabak (Nicotiana tabacum), Tollkirsche (Belladonna), Bilsenkraut (Hyosciamus niger), um nur die bekanntesten zu erwähnen.
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Vanadium
In der Homöopathie haben Vanadium Menschen großen Drang, mit ihrem Auftrag Erfolg zu haben, sie müssen sich verwirklichen und sich selbst beweisen, denken aber andauernd “das gelingt mir doch nicht“. Sie schwanken zwischen Erfolg und Versagen, mit dem Erfolg geht die Stimmung nach oben, mit dem Versagen werden sie depressiv und trübsinnig. Sie haben andauernd große Zweifel und können keine Wahl und keine Entscheidungen treffen. Durch die ständigen Zweifel kommen sie fast zu nichts. Sie haben Angst vorm Scheitern, und wenn es eintritt, fühlen sie sich schuldig.
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Methoden:

Die Sehgal-Methode

Sie geht zurück auf den indischen Arzt Madan Lal Sehgal (1929 -2002) und wurde von ihm auch als  „revolutionierte Homöopathie“ bezeichnet. Seine beiden Söhne Dr. Yogesh Sehgal und Dr. Sanjay Sehgal unterrichten die Methode heute international weiter.
Das Wesentliche nach Sehgal ist der Gemütszustand des Patienten. Nach ihm spiegelt er am exaktesten und aktuellsten den Zustand des Organismus wider. Es wird nicht versucht ein Heilmittel zu finden, das für alle Zeiten passt, sondern man konzentriert sich auf den aktuellen Gemütszustand in bezug auf die momentane Hauptbeschwerde. Es ist möglich, dass bereits die Analyse der oberflächlichen Struktur ausreicht, um auf die Störung in der Tiefe schließen zu können – aber manchmal muss die Pathologie auch schichtweise abgetragen werden.
Der Gemütszustand erschließt sich aus der genauen vorurteilslosen Beobachtung und Wahrnehmung. Jedes Wort, jede Geste muss beachtet und notiert werden, besonders Äußerungen, die gegenwärtig, anhaltend und vorherrschend sind.  Das sind die sogenannten PPP- Äußerungen (present, persistant, predominant) . Im Gegensatz zur Annahme, dass es Fälle ohne Gemütssymptome gäbe, hat nach Sehgal jeder Mensch einen bestimmten Gemütszustand, auch wenn dieser in gemütsfernen Äußerungen besteht. Wenn z.B. ein Patient sagt, er komme, weil seine Frau ihn schicke, könnte das darauf hinweisen, dass er die Verantwortung für seinen Gesundheitszustand an sie abgibt, und das könnte auf die Rubrik „Verlangen, getragen zu werden“ hinweisen.
Es geht darum, die Ausdrucksweise des Patienten (Sprache, Gestik und Mimik) in die Sprache der Rubriken zu übersetzen. Hierzu ein paar Beispiele: wenn jemand wissen will, warum er erkrankt ist, passt das unter die Rubrik „Verlangen nach Licht“. Die Rubrik „nackt, möchte nackt  sein“ bezieht sich bei Sehgal nicht sosehr auf die körperliche Ebene als auf die psychische, also wenn ein Patient z.B. bei der Erstkonsultation sehr schnell von intimen Dingen spricht, und nicht wie üblich erst von anderen Sachen. „Simuliert krank zu sein“ wird so verstanden, dass die Krankheit stärker dargestellt wird als sie ist. Wenn der Patient einen Mangel an etwas empfindet, z.B. an Kraft, an Abwehrstärke, an Hormonen oder Mineralien, passt die Rubrik „Wahnidee, arm“. Die Rubrik „Verlangen zu töten“ erfasst auch den Zustand, dass jemand seine Krankheit (alle Bakterien oder krankhaften Zellen) ausrotten will und bereit ist, alle Mittel dafür einzusetzen. Wer die Rubriken genau studieren will, kann dies mithilfe des Buches von Jörg Prädel „die Sehgal Methode“ tun. Es gibt A-, B- und C- Rubriken,  A-Rubriken sind die am häufigsten vorkommenden.
Es ist nicht empfehlenswert, die Sehgal-Methode mit anderen Methoden zu vermischen, denn bereits die Anamnese unterscheidet sich von den üblichen Anamnesen. Man erfragt erst  das Hauptproblem und dann, was das Problem an dem Problem ist und wie der Patient es verarbeitet. Aus diesem Verständnis heraus  sowie aus der genauen Beobachtung ergeben sich die zu suchenden Rubriken. Das subjektive Hauptproblem bestimmt das Mittel, auch wenn es „nur“ ein Hautausschlag ist, obwohl der Patient vielleicht  an anderen schwerwiegenden Krankheiten leidet.
Als Literatur sind neben Prädels Buch die 3 Bände von Sehgal „Wiederentdeckung der Homöopathie“ (Eva Lang Verlag) zu empfehlen.

 

Die Petition:

Es gibt eine Petition im Internet (http://www.ipetitions.com/petition/dsm5/) gegen die unsägliche Psychiatrisierung individuellen Verhaltens, die 14000 Mediziner und Psychologen unterschrieben haben, und 50 internationale Fachgesellschaften unterstützen den Protest. Beim letzten Jahrestreffen der APA in Philadelphia demonstrierten einige hundert Menschen mit dem Slogan „Etikettiert Gläser, nicht Menschen“. Und unbedingt zu erwähnen ist die Gruppe von Medizinern in Deutschland „Mezis“ (mein Essen zahl ich selbst), die sich an die US-Bewegung www.nofreelunch.org anlehnt und die sich im Verschreibungsverhalten nur am Patientenwohl orientiert und an sonst nichts.

Herzliche Grüße,
Ihr Team vom homöopathischen Notdienst.

http://www.homoeopathischer-notdienst.de/



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