Bella donna

c: Kurt Stüber/wikipedia

Tollkirsche, Teufelskirsche, Irrbeere, Wutbeere

Familie: Solanaceae (Nachtschattengewächse)

Pharmakologisches / Arzneilich genutzte Teile / Vorkommen

Atropa belladonna gehört zur Familie der Nachtschattengewächse, wie auch Capsicum, Dulcamara, Hyoscyamus, Mandragora, Solanum, Tabacum.

Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Skandinavien, West- und Südeuropa und den Balkan über Kleinasien bis nach Nordafrika und den Iran.

Bei der Schwarzen Tollkirsche handelt es sich um eine ausdauernde, krautige Pflanze, die gewöhnlich Wuchshöhen zwischen 50 cm und 1,50 m erreicht. Die reich verzweigte Pflanze zeigt ein kräftiges Erscheinungsbild. Der stumpfkantige Stängel wächst aufrecht und weist eine feine Behaarung auf.

Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Der Aufbau der Frucht gleicht einer Tomate – auch wenn sie viel kleiner ist und durch einen hohen Gehalt an Anthocyanen dunkel gefärbt ist. Die kugeligen Beeren zeigen eine schwarze, lackartig glänzende Oberfläche. Der Geschmack der reifen und saftigen Tollkirschenfrucht ist nur leicht süß, etwas bitter und stark adstringierend (hinterlässt ein pelziges Gefühl im Mund).

Die Beeren reifen von August bis Oktober. Zur Bereitung der Tinktur wird die gesamte Pflanze zu Beginn der Blüte verwendet.

Toxikologie

Die schwarzen Beeren, aber auch die Blätter sind hochgiftig, sie enthalten Alkaloide, wie das Gift Atropin, Hyoscyamin, Belladonnin, Skopolamin und Atropamin.

Bei Kindern führen bereits drei bis fünf Beeren, bei Erwachsenen 10 Beeren aufwärts, innerhalb von 14 Stunden zum Tod durch Atemlähmung.

Beginnende Vergiftungserscheinungen sind: Übelkeit (Erbrechen rettet hier das Leben), Pupillenerweiterung, Doppeltsehen, Nebligsehen bis völlige Blindheit, Schwindel und Schwanken, erhöhter Puls bis 175 und höher, diffuse oder fleckige Scharlachröte von der Stirn bis zum Leib, Schluckstörungen, Aufregung und Angst, gerötetes Gesicht, Karotiden stark pulsierend, Zucken von Muskeln, Halluszinationen der Sinne, Bewegungstrieb, Delirium mit Schreien, Pfeifen, Lachen, Bellen, um sich schlagen, Beißen.

Atropin geht über die Muttermilch auch auf den Fötus über und kann den Säugling vergiften. In der europäischen Steinzeit wurde Belladonna als Pfeilgift für die Jagd verwendet. Im Mittelalter wurde der Saft als Schminkmittel verwendet und als Tropfen zur Vergrößerung der Pupille, was in der Damenwelt als besonders adrett galt, auch wenn man Sehstörungen in Kauf nehmen musste.

Die lokale Pupillenerweiterung beim Augenarzt nach Atropin beruht auf einer Lähmung des Nervus oculomotorius.

Auf Ziegen und Kaninchen hat die Tollkirsche keine giftige Wirkung, bei fleischfressenden Tieren ist die Wirkung mäßig. Teste vergleicht die unterschiedliche Wirkung auf Mensch und Tier und nimmt an, dass sie proportional zur Gehirnentwicklung wirke (s. Clarke).

Organaffinität/Seitenbeziehungen

Hauptwirkung auf das Gehirn, NS, Gefäße, Haut, Kopf

Seitenbezug: hauptsächlich rechts

Miasmatische Zuordnung

Nach Bönninghausen antisykot Nach Bönninghausen antisykotische und antipsorische Arznei

Causae

Empfindlich auf den Wechsel von warm nach kalt, Zugluft, feuchtes Wetter, nach Haareschneiden, Kopf waschen Nach Zorn (Bönn)

Leitsymptome

Plötzlicher, heftiger Beginn der Beschwerden

Hohes Fieber mit Delirium , ohne Durst

Heißer Kopf und kalte Extremitäten

Erweiterte Pupillen

Blutandrang zum Kopf, roter Kopf

Brennende, klopfende, pulsierende Schmerzen mit pochenden Karotiden

Körperteile sind heiß, trocken, rot

Empfindliches Sensorium: empf. gegen Geräusche, Licht, Berührung, Bewegung, Erschütterung

Beugen der Nackenmuskulatur nach hinten (Verdacht auf Meningitis)

Gemütssymptome

Cholerisches Temperament, Manie, Raserei,

Neigung zu beißen, kratzen, spucken, um sich schlagen, Dinge zu zerreißen,

große Angst, will entfliehen, große Unruhe mit andauerndem Umherwerfen (besonders nachmittags und nachts), Neigung sich aus dem Fenster zu stürzen (Bönn), Heulen, Schreien, weinerliche Furchtsamkeit, sieht schreckhafte Figuren und Bilder, Furcht vor Hunden, Flugangst.

Körperliche Beschwerden

Kopf und Schwindel

Schwindel fällt dabei zur linken Seite oder nach hinten Kopfschmerz mit Blutstau zum Kopf, Kopfschmerz mit gerötetem Gesicht und glänzenden Augen, dilatierte Pupillen, < Licht, Lärm, Erschütterung, Bücken, Sonne, Hitze, Haarwäsche, Schmerzen ziehen vom Kopf abwärts, Meningitis, Encephalitis, pulsierende Karotiden, Sonnenstich (Glonoinum), Kopf rollen

Augen

Erweiterte Pupillen, Erweiterte Pupillen, starrend, glänzend, hervorstehend, brennende Trockenheit, rote Konjunktiva, Photophobie, Ziliarneuralgie kommt und geht plötzlich, Exophthalmus, Strabismus

Ohren

Otitis media, vor allem rechts, neuralgisch, Schmerz verursacht Delirium, Kind schreit im Schlaf auf, Ohrenschmerzen < geringstes Geräusch, > Wärme Dr. Cooper heilte chron. Taubheit mit Bell (s. Clarke)

Hals

Trockener, heißer Hals, Engegefühl beim Schlucken, Kloß, der sich nicht entfernen lässt, wie eingeschnürt, rote, geschwollene Tonsillen, < rechts, Drang zu schlucken, was schmerzhaft ist, < trinken, essen, Hahnemann: hilft nur bei dem glatten Scharlachfieber (Sydenham) nicht bei Purpurfriesel

Verdauungstrakt:

Mund

Trockenheit im Munde, roter Streifen in der Zungenmitte, breiter nach der Spitze zu, charakteristischer dürfte jedoch die Erdbeerzunge sein, sei sie nun weiß oder sei sie rot, mit erhabenen roten Papillen.

Magen

krampfartiger Schmerz, Zusammenschnürung, Schmerz in Magen und Leber erstreckt sich zu Schulter und Hals. Der Durst richtet sich zuweilen auf große Mengen von Wasser, zuweilen auch nur auf eine dauernde Anfeuchtung des Mundes wie bei Arsen oder auf kleine Schlucke von Wasser.

Abdomen Peritonitis des Kolon transversum, wie ein Wulst vorgewölbt mit empfindlichem und geblähtem Abdomen und schneidenden Schmerzen, Kolik, Verkrampfung um den Bauchnabel, extreme Empfindlichkeit gegen Berührung und Ruhelosigkeit, > fester Druck (DD: Bryonia: > Ruhe/ Coloc: > zusammenkrümmen, Ruhe/ Rhus-t: > umherlaufen), Schmerzen kommen und gehen plötzlich Stuhl wie Kalkklumpen (Clarke, Boger)

Urogenitaltrakt Entzündungen, Schmerz abwärtsdrängend (DD: Nux.v., Sep (Bönn.), < früh morgens, Trockenheit und Hitze der Vagina, Menses hellrot, verfrüht und zu reichlich, Menses und Lochien heiß oder mit Hitzegefühl in den Genitalien und widerwärtig stinkend, Wehen kommen und gehen plötzlich oder setzen aus.

Atemorgane und Brust

Trockener, kurzer, kitzelnder Husten (DD: Phos, Rumex), Kehlkopfhusten, Keuchhusten, < nachts, bellend, weckt nach Mitternacht, Heiserkeit, Stimmverlust Mastitis mit geschwollenen, entzündeten und verhärteten Brüsten, die Entzündung geht strahlenförmig vom Zentrum zur Peripherie, rot gestreifte Mammae, (DD: Bryonia hat weniger Röte und Hitze, mehr Verhärtung und isolierte Anschwellung), pochende Schmerzen Heftiges Herzklopfen mit Pulsieren durch den ganzen Körper, hallt im Kopf wider, beschleunigter aber schwacher Puls, Pochen in den Karotiden

Rücken und Extremitäten

Rücken fühlt sich wie gebrochen an (Boger) Arthritis mit heißen, geschwollenen Gelenken, mit roten ausstrahlenden Streifen, schießende Stiche entlang den Gliedern, Kalte Extremitäten bei heißem Kopf

Haut

Helle, rote, glänzende, trockene, heiße Haut, scharlachartiger Ausschlag breitet sich plötzlich aus und ist glatt, oder abwechselnde Rötung und Blässe der Haut, Dermatitis, Erysipel

Unverträglichkeiten, Abneigungen, Verlangen

Verlangen: Zitrone, Limonade

Abneigung: Wein, Fleisch

Unverträglichkeit: Säuren, Wein

Schlaf

Ruhelos mit Aufschreien und Zähneknirschen, erw Schlaf Ruhelos mit Aufschreien und Zähneknirschen, erwacht ständig durch schreckliche Träume und Zuckungen, lautes Singen und Reden im Schlaf, Aufschrecken beim Schließen der Augen oder während des Schlafes, schläft mit den Händen unter dem Kopf, schläfrig, aber kann nicht schlafen Träume vom Fallen (Thuj)

Wichtige Lokalsymptome und Erstreckungen

Blutandrang zum Kopf Röte des Gesichts mit perioraler Blässe Schmerzen erstrecken sich nach unten (DD: bei Sil und Gels laufen die Schmerzen den Rücken hinauf: Clarke) Stechen von einer Schläfe zur anderen, Clarke Hauptsächlich ein rechtseitiges Mittel, besonders Kopf, Auge, Ohr, Gesicht, Zähne, Hypochondrium, Brust, Extremitäten – Mund und Gaumen eher links (Clarke)

Allgemeines

Schweiß nur an bedeckten Körperpartien (Thuj an unbedeckten) Frostiges Mittel mit Hitze

Modalitäten

AMEL: rückwärtsbiegen, Ruhe, Stehen, aufrechtes sitzen, Wärme, leichtes Bedecken

AGG: nachmittags, 15 Uhr, 23 Uhr, nach Mitternacht, Berührung, Bewegung, hinlegen, Erschütterung, Lärm, Zugluft (Kopf), kalte Anwendungen, Haare waschen(schneiden), unterdrückter Schweiß, blicken auf glänzende Gegenstände, trinken, Schlaf, hinlegen, liegen auf der betroffenen, Seite (> Bry ) , Hitze, Sonne

Arzneibeziehungen/DD zu ähnlichen Arzneien

Aconitum: plötzliches, hohes Fieber und Entzündung, starke Schmerzen, durch kalten Wind

Apis: Hitze und Entzündung und Schwellung, glasig, ödematös (Bell: hellrot, dunkelrot, rote Flecken/ Lach: livide, septisch) besser kalte Umschläge, durstlos, rechtsseitige Beschwerden, geistig gesund

Bryonia: Fieber, starke Verschlimmerung durch Bewegung und Erschütterung, besser durch Druck, Appendizitis, bei Pneumonie und Pleuritis, besser liegen auf der betroffenen Seite (Bell schlechter)

Hyoscyamus: niedrigeres Fieber, weniger zerebrale Kongestion und Entzündung und manisches Delirium, eher aufgedunsenes, purpurfarbenes Gesicht, erweiterte Pupillen, Krämpfe, Zuckungen, krampfhafter Reizhusten, schamlos, unbekleidet, vulgär, Geschwätzigkeit, Stottern, schlechter Eifersucht, Verlangen nach Licht

Lachesis: Störungen von Kreislauf und Blutdruck, Kongestion und Pulsieren, Schwellungen livide, septisch, schlechter enge Kleidung am Hals, schlechter Hitze, Geschwätzigkeit Stramonium: weniger Fieber als Belladonna, aber mehr Fieber als

Hyoscyamus, erweiterte Pupillen, geistige Verwirrung, stärkeres Delirium (wie Bell + Hyos), Raserei, Gewalttätigkeit, Fehlen von Schmerzen, puerperale Psychose, Zittern, Schweiß bringt keine Erleichterung, < Licht, Spiegel, Wasser (Konvulsionen), Angst vor Dunkelheit.

Belladonna ist das Akutmittel zu Calc.c.

Bei Überdosierung von Bell hilft eine Zwischengabe Stram

Trio der Deliriummittel: Bell, Hyos, Stram

Trio Herabdrängen im Uterus: Bell, Lil-t, Sep

Gute Folgemittel: Cham, China, Con

Ergänzungsmittel: Calc.c, Hep, Merc

Antidot gegen: Acon, Arum-t, Chin, Cupr, Ferr, Hyos, Jab, Merc, Op, Plat, Plb

Muss bei akuten Erkrankungen oft wiederholt werden.

Literaturquellen Allen, Blackwood, Boericke, Bönninghausen, Boger, Clarke, Cowperthwaite, Hahnemann, Hering, Kent, Lewin, Lippe, Pulford, Rehman, Vermeulen Homöopathische Arzneimittelbilder Copyright: www.homoeopathie-krause.de – 2024