Cina maritima
Wurmsamen, Zitwerbeifuß, Cina artemisia, Compositae
Pharmakologisches / Arzneilich genutzte Teile / Vorkommen
Die Tinktur wird aus Artemisia cina, dem in der kirgisischen Steppe (nördliches Turkestan) heimischen Wurm- oder Zitwersamen, hergestellt. Verwendet werden jedoch nicht die Samen dieser Pflanze, sondern die vor der Blüte geernteten Blütenköpfchen. Sie riechen eigenartig würzig und schmecken widerlich bitter. Ihr wirksames Prinzip ist das bekannte Alkaloid Santonin.
Der Gebrauch ist aus dem Orient zu uns gekommen. Im uralten Kulturland litten die Menschen immer schon unter Verwurmung. Schon seit der Zeit der Kreuzzüge befindet sich die Droge bei uns im Handel, weil sie auch hier als Wurmmittel begehrt war. Cina ist ein kraftvolle Arznei, um Spulwürmer auszutreiben. (Leeser)
Toxikologie
Man hat Santoninvergiftungen studiert und danach das folgende klinische Bild entworfen: Typisch sind halbseitige Krämpfe, die in einer Gesichtsseite beginnen und schubweise wiederkehren, zwischen denen Phasen fast völliger Gesundheit liegen. Die Krämpfe sind zunächst klonisch, dann tonisch. Der Kreislauf ist wenig verändert, die Atmung jedoch sehr verlangsamt und droht aufzuhören. Wir beobachten Stummheit und unwillkürliche Entleerungen, bei stärkerer Dosis volles Koma mit Schnarchen, violetter Gesichtsfarbe, Schaum vor dem Mund, Zähneknirschen, Pupillenerweiterung und allgemeine Konvulsionen. Der Tod tritt durch Atemstillstand ein.
Organaffinität
Cina ist vorwiegend ein Wurmmittel, da es sämtliche Symptome hervorbringt, die einen Wurmbefall charakterisieren – sowohl geistige, nervöse und körperliche.
Miasmatische Zuordnungen
Apsorisch
Zählt lt. Bönninghausen zur 2. Klasse derjenigen Mittel, welche eine kurze Wirkungsdauer besitzen
Klinische Indikationen
Erweitertes Abdomen. Abmagerung, Anämie, Asthenopie, Asthma, Augenerkrankungen, Bettnässen; Bronchitis, Chorea, Diarrhoe, Erbrechen, Fadenwürmer, Husten, Hypoglykämie; Intermittierendes Fieber; Jucken; Kachexie; Keuchhusten; Kolik; Konvulsionen; Kopfschmerzen; Leukorrhoe; Madenwürmer; Nasenbluten; Neuralgie; Obstipation; Paraplegie; Parasiten; Pruritus ani; Remittierendes Fieber; Scharlach; Schluckauf; Sehstörungen; Spasmen; Spulwürmer; Strabismus; Übelkeit; milchiger Urin; Verdauungsstörung; Würmer; Zähneknirschen; Zahnung; Zuckungen.
Causae
Üble Folgen von Parasiten, Würmern.
Leitsymptome
- Zornige, eigensinnige, kneifende Kinder, die um sich schlagen
- Bohren in der Nase oder Reiben der Nase und häufiges Gähnen
- Krampf- und Keuchhusten bei großer Reizbarkeit und motorischer Unruhe
- Zähneknirschen im Schlaf; Enuresis nocturna
- Konvulsionen, die im Zusammenhang mit Wurmbefall auftreten
- Verschlimmerung durch Schreck und Aufregung; durch Berührung
- Starker Hunger kurz nach der Mahlzeit; je größer der Hunger, desto stärker die Abmagerung
- Wurmbefall; Würmer im Stuhl,; Anales Jucken
Gemütssymptome
Extrem üble Laune und Bösartigkeit bei Kindern; Möchte getragen werden, was aber nicht bessert; Reizbarkeit > schnelles Schaukeln; Sehr empfindlich, reizbar, bockig und unzufrieden; das Kind ist nur sehr schwer zu besänftigen; Reizbarkeit während der Zahnung; heftige Schreianfälle nachts; Schreien, Schlagen und beißen; Verlangt viel Dinge, aber weist alles, was man ihm anbietet zurück; Konvulsionen bei Kindern wenn sie geschimpft oder bestraft werden; Gleichgültigkeit gegen Liebkosungen; Schlechter durch angesehen werden; Empfindliche, nervöse Frauen mit Reizbarkeit während den Menses; Ernsthaft und empfindlich, beim kleinsten Witz beleidigt;
Körperliche Beschwerden
Kopf und Schwindel:
Schwindel und Schwarzwerden vor den Augen beim Aufrichten; Ohnmachtsanwandlungen beim Aufstehen; alles besser beim Niederliegen; Kopfschmerz, abwechselnd mit Schmerz im Abdomen > Bücken; Dreht den Kopf von einer Seite zur anderen; Kopfschmerz vor oder nach einem epileptischen Anfall; Frauen müssen die Haare offen tragen während der Kopfschmerzen; Kinder ertragen das Haare bürsten nicht. Betäubender Kopfschmerz, Reizung der Meningen durch Würmer.
Augen:
Pulsieren des Ziliarmuskels; Strabismus durch abdominale Reizung durch Würmer>; Herabhängen und Schwere der Lider; Augenüberanstrengung mit Kopfschmerz;
Nase:
Nase juckt die ganze Zeit; Zupft und bohrt in der Nase, bis es blutet; Kind zupft sich an der Nase und schreit auf im Schlaf; Niesen mit Keuchhusten; Eingezogene Nasenlöcher; Blutung aus Nase und Mund, mit Brennen in der Nase;
Gesicht:
Bläulich-weiß um den Mund; Blass mit dunklen Ringen um die Augen; Zähneknirschen im Schlaf; Chorea artige Bewegungen des Gesichts und der Hände;
Ohren:
Krampf artiges Zucken im äußeren Ohr, wie Ohrenschmerzen; Grabendes Gefühl und Kratzen in den Ohren; Gehör beeinträchtigt.
Verdauungstrakt:
Zähneknirschen nachts im Schlaf; Kaut und schluckt im Schlaf; Bitterer Geschmack vor Frost;
Erschwertes Schlucken von Flüssigkeiten, geräuschvolles Schlucken; Andauernde, unwillkürliche Schluckbewegung;
Drehender Schmerz um den Nabel > Druck; Kolik mit schneidenden, kneifenden Schmerzen, durch Würmer; Heißhunger, grabendes, nagendes Gefühl, nach dem Essen; häufiger Schluckauf; Andauernder Druck im Magen nachts, verursacht Ruhelosigkeit; Grabendes Gefühl in der Magengrube, mit Gefühl, als ob zahllose Würmer darin krabbeln; Erbrechen von Faden- und Spulwürmern; Erbrechen mit sauberer Zunge; Erbrechen und Diarrhoe unmittelbar nach dem Essen und besonders nach dem Trinken.
Würmer; Jucken am Anus; Spul- und Fadenwürmer; Stühle weiß, wässrig; Unwillkürlicher Stuhlgang; Stühle mit rötlichem Schleim; Stühle grün, schleimig; Obstipation; Weißer Schleim wie kleine Stückchen Popcorn, nach kneifender Kolik.
Urogenitaltrakt:
Urin, trübe, weiß und milchig; Unwillkürlicher Harnabgang nachts; Bettnässen < bei jedem Vollmond; Häufiger Drang mit reichlicher Harnentleerung, den ganzen Tag;
Üble Folgen von Masturbation, Sehschwäche; Jucken der Genitalien.
Kind verweigert die Brust; Abneigung gegen Muttermilch; Uterusblutung vor der Pubertät; Wehen artige Schmerzen, häufig rezidivierend, als ob Menses einsetzt; Krampfhaftes Gähnen bei Amenorrhoe.
Atemorgane und Brust:
Würgender Husten morgens; Keuchhusten; Husten so heftig, das die Augen tränen und das Brustbein schmerzt; Das Kind hat Angst zu sprechen oder sich zu bewegen, aus Furcht, einen Hustenanfall auszulösen; Periodischer Husten, jedes Frühjahr, jeden Herbst;
Kapilläre Bronchitis bei Kindern und Atemlosigkeit; Schleimrasseln in Lungen und Hals mit übermäßiger nervöser Reizbarkeit; Gurgelndes Geräusch vom Hals zum Magen nach Husten;
Gefühl, als ob das Brustbein zu nah am Rücken liegt; Brust, wie von beiden Seiten zusammengedrückt;
Qualvolle Angst um das Herz beim Arbeiten im Freien; Intermittierender Puls, setzt jeden 17. Schlag aus.
Haut und Schweiß:
Hauterkrankungen von Säuglingen und skrofulösen Kindern; Reiben von Gesicht, Ohren, Nase und Perineum; Juckende und gereizte Hautstellen im Zusammenhand mit Würmern; Geschwüre mit spärlicher Absonderung.
Saurer Körpergeruch, besonders bei Kindern; Nach dem Schweiß oder vor dem Frost Erbrechen von Speisen mit gleichzeitigem Heißhunger.
Rücken und Extremitäten:
Kind wirft die Arme von einer Seite zur anderen; Krampfartiges Ausstrecken der Füße, besonders bei Kindern; Zucken und ruckartige Verzerrung der Glieder; Plötzliches, einwärts gerichtetes Zucken der Finger, der rechten Hand; Ziehende, reißende Schmerzen die gesamte Wirbelsäule hinab.
Unverträglichkeiten, Abneigungen, Verlangen
Heißhunger nach dem Essen; Hunger vor oder während intermittierendem Fieber; Isst viel, aber nimmt nicht an Gewicht zu;
Abneigung gegen Muttermilch; Brot schmeckt bitter;
Verlangt nach vielen und verschiedenen Sachen, nach Süßigkeiten, nach Brot; Lehnt gewöhnliche Dinge ab und wünscht Leckereien;
Durst auf kalte Getränke;
Schlaf
Unruhiger Schlaf, wälzt sich herum, mit Weinen und Klagen; Beschwerden beim gähnen; Zähneknirschen nachts im Schlaf; kaut und schluckt im Schlaf; Pavor nocturnus bei Kindern, schreit auf, kreischt, erwacht mit Schreck; Kind schläft besser auf dem Bauch oder schläft nur, wenn es in den Schlaf geschaukelt wird. Bettnässen;
Allgemeines
Nervöse Reizbarkeit mit krampfartigen Bewegungen und Verdauungsstörungen, meist im Zusammenhang mit Würmern.
Die Pathogenese von Cina ist sehr charakteristisch. Wenn die entsprechenden Symptome vorliegen, so sollte man homöopathisch höhere Potenzen geben. Man wird erleben, dass die Symptome verschwinden und vielleicht gehen keine Würmer ab, wie nach allopathischen Santoningaben. Die Symptome brauchen auch durchaus nicht immer reflektorisch durch Würmer hervorgerufen zu sein; z.B. hilft das Mittel beim Keuchhusten der reizbaren, mürrischen und eigensinnigen Kinder ganz gut. (Stauffer)
Modalitäten
AMEL: durch Liegen auf dem Abdomen, Wischen der Augen, Bewegung, Schaukeln, Kopfschütteln.
AGG: durch Würmer, Verärgerung, angesehen werden, Starren, Gähnen, im Schlaf, äußerlicher Druck, Berührung, im Freien, kalte Luft, kaltes Wasser, Sonne, im Sommer, beim Vollmond, nachts, vor Mitternacht.
Arzneibeziehungen / DD zu ähnlichen Mitteln
Kinder kommen nur zur Ruhe, wenn man sie auf dem Arm trägt: Chamomilla, Borax
Kinder wollen nicht berührt und angesehen werden: Antimonium crudum
Wurmbeschwerden: Artemisia vulg., Spigelia, Sulphur
Kopfrollen der Kinder: Belladonna, Hyoscyamus, Stramonium, Helleborus, Agaricus, Zincum
Krämpfe und Zuckungen: Cuprum, Zincum
Jucken an der Nasenspitze: Lycopodium, Sulphur, Cobaltum nitr.
Ergänzungsmittel: Calc., Dros., Rat., Sulph.,
Folgemittel: Calc., Chin., Ign., Nux-v., Plat., Puls., Rhus-t., Sil., Stann.
Literaturquellen
Bönninghausen, Seideneder, Mezger, Leeser, Murphy, Stauffer, Lathoud, Morrison, Allen